Neuer Ansatz für besseren Mobilfunkempfang im Zug
Montag, 16. März 2020 | Kategorie: Allgemein, Städtereisen
Für Bahnfahrer ist es keine Seltenheit: Mitten auf der Strecke bricht das Telefonat oder die Internetverbindung ab. Schuld daran ist nicht nur die nach vor mangelhafte Netzabdeckung mit Funkmasten, sondern auch die speziellen Fensterscheiben der Züge. Die Bahn experimentiert deshalb mit neuen Scheiben, die die Funkwellen leichter durchleiten und einen besseren Empfang an Bord garantieren.
„Weiße Flecken“ und isolierte Züge
Die meisten Bahnfahrer kennen das Problem: Kaum verlässt der Zug bebautes Gebiet, wird der Handyempfang schlecht oder setzt komplett aus. Was den nach wie vor mangelhaften Mobilfunkempfang entlang der Strecken der Deutschen Bahn betrifft, schieben sich die DB und die Mobilfunkbetreiber die Schuld gegenseitig in die Schuhe. Wie so oft im Leben liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, denn für den oftmals schlechten Empfang an Bord der Züge sind zwei Dinge ausschlaggebend: Die Mobilfunkmastenabdeckung entlang der Strecken und die speziellen Scheiben der Züge.
Studien haben im Detail nachgewiesen, dass selbst auf den Hauptstrecken der Deutschen Bahn die Funkversorgung noch nicht optimal ist. Dafür trägt die DB jedoch nicht die Verantwortung, schließlich sind die Mobilfunknetzbetreiber für den Ausbau des Netzes verantwortlich. Die Vorgabe der Bundesnetzagentur lautete eigentlich, dass bis Ende 2019 sämtliche ICE-Strecken mit LTE versorgt werden sollten. Doch Telekom, Vodafone und Telefónica mussten einräumen, dass sie dieses Ziel nicht rechtzeitig erreichen würden. Telekom und Vodafone kommen immerhin auf eine Netzabdeckung entlang der ICE-Strecken von gut 95 Prozent. Mit einer Netzabdeckung von lediglich 80 Prozent hinkt Telefónica deutlich hinterher.
Doch die Mobilfunknetzbetreiber tragen nicht die alleinige Schuld am schlechten Empfang an Bord der ICEs. Das zweite Problem, das eine große Auswirkung auf den Empfang hat, sind die besonderen Scheiben der Züge. Sie sind mit einer dünnen Metallschicht überzogen, die dafür sorgt, dass die Fahrgasträume nicht überhitzen. Das Problem ist nur, dass diese Schicht auch Mobilfunkwellen dabei hemmt, ins Zuginnere zu gelangen. Experimente haben ergeben, dass teilweise nur 10 Prozent der Funkbandbreite im Zuginneren ankommen.
Funkoptimierte Fenster
Die Bahn setzt deshalb Signalverstärker (sogenannte Repeater) auf allen ICE-Zügen ein. Dabei werden die Funkwellen von Antennen an der Außenseite des Zuges aufgefangen, ins Innere übertragen und mit verstärkten Signalen durch die Waggons geleitet.
Zusätzlich experimentiert die Bahn mit einer weiteren Alternative, und zwar frequenzdurchlässigen Scheiben. Bei diesen Scheiben wird die wärmeisolierende Metallschicht der Fenster so bearbeitet, dass sie für Funkwellen durchlässig wird. Erste Tests unter realen Bedingungen an ICEs haben wohl ergeben, dass es keine Probleme mit den neuen Scheiben beim Einsatz in Hochgeschwindigkeitszügen gibt. Die Fenstertests sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Ein Zeitplan für die komplette Umrüstung der ICE-Flotte steht jedoch noch nicht fest.
Trotzdem gilt: Wo keine Funkmasten an den Bahnstrecken stehen, nützen auch funkoptimierte Fenster nichts. Die Bahn wirft der Politik vor, dass diese es verabsäumt habe, ausreichend Druck auf die Mobilnetzbetreiber auszuüben. Bislang sah die Bundesnetzagentur davon ab, Bußgelder wegen verpasster Fristen auszusprechen.
Die Vorgaben der Bundesnetzagentur für die kommenden Jahre sind ambitioniert. Bis Ende 2022 müssen alle wichtigen Schienenwege, dazu zählen ICE- und IC-Strecken mit vielen Fahrgästen, mit einer Datengeschwindigkeit von mindestens 100 MBit pro Sekunde versorgt sein. Und bis Ende 2024 sollen alle übrigen Bahnstrecken mit mindestens 50 MBit pro Sekunde abgedeckt sein. Noch ein paar Jahre lang müssen sich Bahnreisende somit auf Internet- und Telefonausfälle in der Bahn einstellen.